Kernkompetenz »Chemische Prozesse«

Die Kernkompetenz »Chemische Prozesse« umfasst die Fähigkeit zur Auslegung und Durchführung neuartiger, ressourcenschonender chemischer und verfahrenstechnischer Prozesse vom Labor- bis zum technischen Maßstab.

Die Kernkompetenz deckt hierbei die gesamte Prozesskette ab – beginnend bei der Rohstoff-Aufarbeitung, über die chemische Reaktionsführung, die Aufreinigungs- und Trenntechnik bis hin zu nachgeschalteten Prozessen wie der Produktveredelung, zum Beispiel Kristallisation und Formgebung.

Mit Nachhaltigkeit und Effizienz stimmt die Chemie

Chemische Prozesse sind für eine Vielzahl industrieller Wertschöpfungsketten unverzichtbar und Garant für neue Produktentwicklungen und Innovationen. Im Licht globaler Herausforderungen in den Bereichen Klimaschutz, Energie- und Ressourceneffizienz müssen chemische Prozesse allerdings zunehmend von fossilen Rohstoffen und Energieträgern entkoppelt und in Konzepte einer zirkulären, Treibhausgasneutralen Stoff- und Energiewandlung eingebunden werden. Das Fraunhofer ICT richtet seine FuE-Arbeiten auf diese Bedarfe aus. Ein großer Teil unserer Arbeiten wird exklusiv im Auftrag von Industriekunden durchgeführt. Zentrale Zielgrößen bei der Entwicklung, Auslegung und Optimierung chemischer Prozesse sind deshalb nicht nur die Produktqualität, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit, sondern in besonderem Maße auch die Nachhaltigkeit. Am Fraunhofer ICT begegnen wir diesen Anforderungen mit der Entwicklung moderner Synthese-, Verfahrens- und Prozesstechniken, bei denen eine energieeffiziente und ressourcenschonende Prozessführung, die Minimierung von Abfallströmen, die Rückführung von Stoffströmen oder der Einsatz erneuerbarer Rohstoffquellen von Anbeginn berücksichtigt werden.

In unseren Entwicklungsarbeiten vollziehen wir häufig erfolgreich ein Paradigmenwechsel von diskontinuierlichen zu kontinuierlichen Prozesstechniken. So ist die kontinuierliche Prozessführung, beispielsweise unter Einsatz von mikroverfahrenstechnischen Apparaten, ein zentrales Element der Prozessauslegung und Prozessintensivierung. Sie erlaubt die sichere Prozessführung in neuen Prozessfenstern (z. B. hohe Temperaturen, hohe Drücke, hohe Konzentrationen, kurze Reaktionszeiten), die mit klassischen Verfahren nur schwer oder gar nicht zugänglich sind und in denen chemische Reaktionsprozesse technisch und wirtschaftlich optimiert betrieben werden können. Häufig handelt es sich hierbei um Syntheseschritte bei der Herstellung von Vorstufen oder Produkten aus dem Bereich der Fein- und Spezialitätenchemie.

Darüber hinaus wird die kontinuierliche Prozessführung systematisch auf weitere Prozessschritte und neue Anwendungsfelder übertragen. Insbesondere sind dies die Intensivierung im Downstream-Bereich (extraktive Aufreinigung in verschiedenen Druckregimen, reaktive Trennung, Emulsionsspaltung), die größenkontrollierte Herstellung von Nanopartikeln oder Mikrokapseln, die Entwicklung umweltfreundlicher Katalyseprozesse und elektrochemischer Synthesen sowie die Intensivierung mehrphasiger Reaktionsprozesse (gasförmig/flüssig, flüssig/flüssig).

Ein wichtiges Werkzeug der Prozessauslegung bilden modernste, zum Teil eigenentwickelte Prozessanalysetechniken. Große Fortschritte erzielen wir bei der Entwicklung und Adaption schneller spektroskopischer und kalorimetrischer Prozessanalysetechniken, mit deren Hilfe sich die Dynamik chemischer Prozesse mit einer hohen Zeit- und Ortsauflösung verfolgen lässt. Jüngste Beispiele sind die reaktionskalorimetrische Verfolgung kontinuierlicher Prozesse entlang der Strömungsrichtung oder die schnelle Infrarot-spektroskopische Verfolgung von Synthesen in IR-absorbierenden Lösungsmitteln mit Hilfe von Quantenkaskaden-Lasern. Dadurch werden häufig erstmals kinetische, mechanistische sowie sicherheitstechnische Daten für eine optimierte Prozessauslegung zugänglich. Die schnelle Verfügbarkeit umfassender prozessanalytischer Daten erlaubt es nicht nur Prozessentwicklungszeiten drastisch zu verkürzen, sondern diese auch vermehrt in der Digitalisierung chemischer Reaktionsprozesse zu nutzen.

Kontinuierliches Monitoring der Prozesskomponenten
© Fraunhofer ICT
Kontinuierliches Monitoring der Prozesskomponenten

Sichere Prozessführung

Aufgrund unseres umfassenden Know-hows auf dem Gebiet der Explosivstofftechnik verfügen wir zudem über spezielle Kompetenzen bei der sicherheitstechnischen Auslegung und Durchführung gefahrgeneigter Prozesse (explosiv, toxisch). Bei der Entwicklung von Hochdruck-Prozessen profitieren wir zudem von unseren langjährigen Erfahrungen bei der Prozessführung überkritischer Fluide. Sowohl unter dem Aspekt der Prozesssicherheit als auch der Erzielung einer stabilen Prozessführung bilden die maßgeschneiderte Prozessregelung, Prozesssteuerung und Prozessüberwachung einen integralen Bestandteil unserer Entwicklungsarbeiten. Mit der Fähigkeit
zur Synthese-Aufskalierung und Durchsatzsteigerung in eigenentwickelten Mehrzweck-, Miniplant- und Pilotanlagen können wir sowohl größere Substanzmengen für Testanwendungen bereitstellen als auch Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen auf realistische Betriebsgrößen und -maßstäbe abbilden.

Nicht fossile Rohstoffe

Bereits seit vielen Jahren sind die nicht fossilen Rohstoffe (wie zum Beispiel nachwachsende Rohstoffe und CO2) Bestandteil der verfahrenstechnischen Nutzung am Fraunhofer ICT. Hierbei wurden eigene Prozesse entwickelt, um die Industrie bei der Adaption dieser neuen Rohstoffquellen zu unterstützen. Hierzu zählen insbesondere kontinuierlich durchströmte Reaktorsysteme entlang der Prozesskette bis hin zum Fertigprodukt. Diese Prozesse umfassen die Einsatzstoffe Lignocellulose (Holz), Fette und Öle, Kohlenhydrate sowie andere nicht im Wettbewerb zur Nahrungsmittelproduktion stehende Biomasseströme. Die katalytisch unterstütze Aktivierung von CO2 (aus der Luft) zur Generierung kurzkettiger Alkohole im Rahmen laufender PTL-Vorhaben (Power-to-Liquid) repräsentiert jüngere Entwicklungen im Bereich der kontinuierlichen Prozessführung. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Untersuchungen zur industriellen Nutzung von Lignin für die Herstellung neuer Klebstoffsysteme. Hierbei zeichnen sich bereits Industrieanwendungen im Bereich der Klebstoffe und der Substitution von Bitumen im Straßenbau ab. Ganzheitliche Betrachtungen im Rahmen von Life-Cycle Assessment Rechnungen haben gezeigt, dass der Einsatz von Lignin (aus Abfällen der Papierindustrie) in Klebstoffsystemen ein hohes CO2-Einsparpotential besitzt und damit nachhaltig die Umwelt entlasten kann.

Im Bereich der schwer abbaubaren Biopolymere kommen zunehmend Recycling-Verfahren in den Fokus des Interesses, um sie im Sinne der Kreislaufführung einer erneuten Nutzung zuzuführen. Hierzu entwickelte das ICT Prozesse, um PLA-Kunststoffe (Poly-Lactid Acid) sowohl werkstofflich als auch chemisch zu recyceln und in neue Monomerbausteine zu überführen.

Sämtliche Prozessentwicklungen werden begleitet von ökonomischen Betrachtungen insbesondere der Downstream-Prozesse zur Aufreinigung der Endprodukte. Hierbei kommen Instrumente der ganzheitlichen Bilanzierung (LCA) zum Tragen, die sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch umweltliche Aspekte berücksichtigen.

Mikroskopische Aufnahme einer CFK-Faser für die Prozessbewertung
© Fraunhofer ICT
Mikroskopische Aufnahme einer CFK-Faser für die Prozessbewertung
MOF-Substanzen sollen die Adsorptionsleistung von persönlicher Schutzausrüstung verbessern.
© Fraunhofer ICT
MOF-Substanzen sollen die Adsorptionsleistung von persönlicher Schutzausrüstung verbessern.
Lichtleiterbasierte Multiplex-Infrarotspektroskopie an einem kontinuierlichen Syntheseprozess
© Fraunhofer ICT
Lichtleiterbasierte Multiplex-Infrarotspektroskopie an einem kontinuierlichen Syntheseprozess

Ausstattung

  • verschiedene Synthesetechnika für chemische und mechanische Verfahrenstechnik
  • Technikum zur Synthese-Aufskalierung in den 50 kgbzw. 50 L-Maßstab
  • Sicherheitsboxen zur ferngesteuerten Reaktionsführung gefahrgeneigter Prozesse
  • Mikroverfahrenstechnische Versuchsstände und Syntheseanlagen
  • Anlagen zum Parallelscreening von Syntheseansätzen (auch unter Hochdruck)
  • mehrere Reaktionskalorimeter (Batch und kontinuierlich)
  • modernste Prozessspektrometer für die ein- und mehrdimensionale
  • Inline-, Online- oder Atline-Prozessverfolgung (UV/Vis, NIR, IR, Raman)
  • kontinuierliche und diskontinuierliche Hochdruckanlagen für die Hydrothermolyse, Oxidation und Hydrierung sowie Reaktionen in unter- und überkritischem Wasser
  • Hochdruckextraktionsanlagen für die Extraktion in überkritischem Kohlendioxid
  • Pilotanlagen zur Kristallisation aus Lösungen mittels überkritischer Fluide
  • Anlagen zur Bestimmung von Löslichkeiten und Phasengleichgewichten bei hohen Drücken
  • verschiedenste Destillationsanlagen zur thermischen Trennung hochsiedender/empfindlicher Stoffgemische (Fallfilmverdampfer, Hochtemperaturvakuumrektifikation)
  • Anlagen zur Flüssig/Flüssig- und Fest/Flüssig-Extraktion
  • mobile Anlagen zur Umkehrosmose, Nano- und Ultrafiltration
  • Anlagen zur Lösungs- und Schmelzepolymerisation
  • Beschichtungs- und Coatingprozesse
  • Sprüh- und Schmelzkristallisationsprozesse
  • Zerkleinerungstechniken
  • Partikelgrößen- und Kristallstrukturanalytik
  • umfangreich ausgestattete chemische, spektroskopische, thermische und mechanische Analysenlabore
  • Anlagen zur Oberflächenanalytik, Anlagen zur volumetrischen und gravimetrischen Sorptionsmessung
  • Computertomographie

Kontakt

Stefan Löbbecke

Contact Press / Media

Dr. Stefan Löbbecke

Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT
Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7
76327 Pfinztal

Telefon +49 721 4640-230

Fax +49 721 4640-441

Rainer Schweppe

Contact Press / Media

Dipl.-Chem. Rainer Schweppe

Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT
Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7
76327 Pfinztal

Telefon +49 721 4640-173

Fax +49 721 4640-800173