Kernkompetenz »Chemische Prozesse«

Die Kernkompetenz »Chemische Prozesse« umfasst die Fähigkeit zur Auslegung und Durchführung neuartiger, ressourcenschonender chemischer und verfahrenstechnischer Prozesse vom Labor- bis zum technischen Maßstab.

Wir decken hierbei die gesamte Prozesskette ab – beginnend bei der Rohstoff-Aufarbeitung, über die chemische Reaktionsführung, die Aufreinigungs- und Trenntechnik bis hin zu nachgeschalteten Verarbeitungsprozessen.

Nachhaltige, defossilierte und zirkuläre Produktionsprozesse stehen im Fokus unserer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten.

Kompetenzfelder

Nicht-Fossile Chemie

Seit vielen Jahren nutzen wir nicht fossile Rohstoffe, zum Beispiel nachwachsende Rohstoffe und CO2, in unseren eigenentwickelten, verfahrenstechnischen Prozessen. Damit unterstützen wir die Industrie bei der Adaption dieser neuen Rohstoffquellen in der Produktion. Diese Prozesse umfassen beispielsweise die Einsatzstoffe Lignocellulose (Holz), Fette und Öle, Kohlenhydrate sowie andere nicht im Wettbewerb
zur Nahrungsmittelproduktion stehende Biomasseströme. Eine steigende Nachfrage erfahren Prozesse zur Rückgewinnung von ursprünglich fossil-basierten Produkten wie z.B. Polymere und Alt-Kunststoffe in einem hohen Reinheitsgrad, der es ermöglicht, sie wieder in ihre ursprüngliche Anwendung zu bringen. Für diese extraktiven Prozesse spielen sowohl die Lösungsmittelauswahl als auch die Prozesskette eine wesentliche Rolle für eine wirtschaftliche und zugleich nachhaltige Umsetzung.

Elektrochemie

In der Elektrochemie befassen wir uns mit der selektiven Synthese von Chemikalien, der Auslegung entsprechender elektrochemischer Zellen sowie der hierfür erforderlichen Katalysatormaterialien. Im Rahmen des Downstream Processing erarbeiten wir Methoden zur Isolierung elektrochemisch erzeugter Plattformchemikalien. Beispielhaft sei hier die hochintegrierte elektrochemische Konversion von Ligninen zu drop-in Chemikalien und Intermediaten für stoffliche Anwendungen genannt. In getrennten Elektrodenräumen lassen sich kontinuierliche Reaktorkonzepte verwirklichen, die sowohl oxidierte als auch reduzierte Synthesebausteine produzieren.

Gefahrgeneigte Chemie

Aufgrund unseres umfassenden Know-hows auf dem Gebiet der Explosivstofftechnik verfügen wir über spezielle Kompetenzen bei der sicherheitstechnischen Auslegung und Durchführung gefahrgeneigter, sowohl explosiver als auch toxischer Prozesse. Wir entwickeln Prozesse, die die sichere Herstellung und Umsetzung hochreaktiver Synthesebausteine ermöglicht, mit denen sehr atomeffizient Folgeprodukte hergestellt werden können. Bei der Entwicklung von Hochdruck-Prozessen profitieren wir zudem von unseren langjährigen Erfahrungen bei der Prozessführung überkritischer Fluide.

Konti- und Mikroverfahrenstechnik

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeiten bildet die kontinuierliche Prozessführung in Mikroreaktoren. Wir entwickeln mikroverfahrenstechnische Apparate und Prozesse, in denen sich Verweilzeit, Stoff- und Wärmetransport sehr genau kontrollieren lassen, wodurch Zielgrößen wie Selektivität und Ausbeute signifikant verbessern werden können.

On-line Prozessanalytik

Mittels modernster, z.T. eigenentwickelter spektroskopischer und kalorimetrischer Prozessanalysetechniken werden kinetische, mechanistische und sicherheitstechnische Daten ermittelt und für die, ggf. modellgestützte, Prozessauslegung genutzt. Auch für die Prozessüberwachung spielt die online-Analytik eine wichtige Rolle, da sie rechtzeitig darüber informiert, ob Änderungen in der Prozessführung oder Wartungsarbeiten, z.B. aufgrund einer veränderten Produktstromzusammensetzung, erforderlich werden.

Prozess- und Betriebssicherheit chemischer Anlagen

Viele Eigenentwicklungen des Instituts bieten den technischen Zugang zu neuen Prozessfenstern. Durch unsere orts- und zeitaufgelöste Prozessdiagnostik ermöglichen wir eine sichere Prozessführung. Ergänzt durch umfangreiche Charakterisierungsmethoden kombiniert mit einer kontinuierlichen Prozessüberwachung, kann eine hohe Betriebs- und Prozesssicherheit erreicht werden. Versuchsbegleitend identifizieren wir elementare Produktzusammensetzungen, betreiben Strukturaufklärung, machen Emissionsanalysen und führen Alterungs- und Beständigkeitsanalysen bei metastabilen Verbindungen durch, um deren sichere Handhabung zu ermöglichen.

Ausstattung

  • verschiedene Synthesetechnika für chemische und mechanische Verfahrenstechnik
  • Technikum zur Synthese-Aufskalierung in den 50 kg- bzw. 50 L-Maßstab
  • Sicherheitsboxen zur ferngesteuerten Reaktionsführung gefahrgeneigter Prozesse
  • Mikroverfahrenstechnische Versuchsstände und Syntheseanlagen
  • Anlagen zum Parallelscreening von Syntheseansätzen (auch unter Hochdruck)
  • mehrere Reaktionskalorimeter (Batch und kontinuierlich)
  • modernste Prozessspektrometer für die ein- und mehrdimensionale
  • Inline-, Online- oder Atline-Prozessverfolgung (UV/Vis, NIR, IR, Raman)
  • kontinuierliche und diskontinuierliche Hochdruckanlagen für die Hydrothermolyse, Oxidation und Hydrierung sowie Reaktionen in unter- und überkritischem Wasser
  • Hochdruckextraktionsanlagen für die Extraktion in überkritischem Kohlendioxid
  • Pilotanlagen zur Kristallisation aus Lösungen mittels überkritischer Fluide
  • Anlagen zur Bestimmung von Löslichkeiten und Phasengleichgewichten bei hohen Drücken
  • verschiedenste Destillationsanlagen zur thermischen Trennung hochsiedender/empfindlicher Stoffgemische (Fallfilmverdampfer, Hochtemperaturvakuumrektifikation)
  • Anlagen zur Flüssig/Flüssig- und Fest/Flüssig-Extraktion
  • mobile Anlagen zur Umkehrosmose, Nano- und Ultrafiltration
  • Anlagen zur Lösungs- und Schmelzepolymerisation
  • Beschichtungs- und Coatingprozesse
  • Sprüh- und Schmelzkristallisationsprozesse
  • Zerkleinerungstechniken
  • Partikelgrößen- und Kristallstrukturanalytik
  • umfangreich ausgestattete chemische, spektroskopische, thermische und mechanische Analysenlabore
  • Anlagen zur Oberflächenanalytik, Anlagen zur volumetrischen und gravimetrischen Sorptionsmessung
  • Computertomographie
  • Computer gestützte Auslegung von Prozessen (bis in den Multi-Tonnen-Maßstab)

»Chemische Prozesse für eine nachhaltige Zukunft«

 

Chemische Prozesse sind für eine Vielzahl industrieller Wertschöpfungsketten unverzichtbar und Garant für neue Produktentwicklungen und Innovationen. In Anbetracht der globalen Herausforderungen beim Klimaschutz sowie bei der Energie- und Ressourceneffizienz müssen chemische Prozesse von fossilen Rohstoffen und Energieträgern entkoppelt und in Konzepte einer zirkulären, treibhausgasneutralen Stoff- und Energiewandlung eingebunden werden.

Unsere zentralen Ziele bei der Entwicklung, Auslegung und Optimierung chemischer Prozesse sind deshalb neben der Steigerung der Produktqualität, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit in besonderem Maße auch die Nachhaltigkeit der Produkte und der Verfahren für deren Herstellung. Wir begegnen diesen Anforderungen mit der Entwicklung moderner Synthese-, Verfahrens- und Prozesstechniken, bei denen den Prinzipien der grünen Chemie folgend eine energieeffiziente und ressourcenschonende Prozessführung, die Minimierung von Abfallströmen, die Rückführung von Stoffströmen sowie der Einsatz erneuerbarer Rohstoffquellen von Anbeginn berücksichtigt werden.

In unseren Entwicklungsarbeiten vollziehen wir häufig den Paradigmenwechsel von diskontinuierlichen zu kontinuierlichen Prozesstechniken. So ist die kontinuierliche Prozessführung, beispielsweise unter Einsatz von mikroverfahrenstechnischen Apparaten, ein zentrales Element der Prozessauslegung und Prozessintensivierung. Sie erlaubt die sichere Prozessführung in neuen Prozessfenstern, z.B. bei höheren Temperaturen, Drücken und Konzentrationen sowie kürzeren Reaktionszeiten. Diese Prozessparameter sind für klassische Verfahren nur schwer oder gar nicht zugänglich und können demzufolge nur mittels kontinuierlicher Prozesse technisch und wirtschaftlich optimiert werden. Wir übertragen die kontinuierliche Prozessführung auch systematisch auf weitere Prozessschritte und neue Anwendungsfelder. Insbesondere sind dies die Intensivierung im Downstream-Bereich zur extraktiven Aufreinigung in verschiedenen Druckregimen, zur größenkontrollierten Herstellung von Nanopartikeln oder Mikrokapseln, zur Entwicklung umweltfreundlicher Katalyseprozesse und elektrochemischer Synthesen sowie zur Intensivierung mehrphasiger Reaktionsprozesse.

Große Fortschritte erzielen wir bei der Entwicklung und Adaption schneller spektroskopischer und kalorimetrischer Prozessanalysetechniken, mit deren Hilfe sich die Dynamik chemischer Prozesse mit einer hohen Zeit- und Ortsauflösung verfolgen lässt. Jüngste Beispiele sind die reaktionskalorimetrische Verfolgung kontinuierlicher Prozesse entlang der Strömungsrichtung oder die schnelle Infrarot-spektroskopische Verfolgung von Synthesen in IR-absorbierenden Lösungsmitteln mit Hilfe von Quantenkaskaden-Lasern. Dadurch werden häufig erstmals kinetische, mechanistische sowie sicherheitstechnische Daten für eine optimierte Prozessauslegung zugänglich. Die schnelle Verfügbarkeit umfassender prozessanalytischer Daten erlaubt es nicht nur Prozessentwicklungszeiten drastisch zu verkürzen, sondern diese auch vermehrt in der Digitalisierung chemischer Reaktionsprozesse zu nutzen.

Die Prozessentwicklungen begleiten wir mit ökonomischen Betrachtungen, insbesondere bei den Downstream-Prozessen zur Aufreinigung der Endprodukte. Hierbei kommen Instrumente der ganzheitlichen Bilanzierung (LCA) zum Tragen, die sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch umweltliche und gesundheitliche Aspekte berücksichtigen.

Kontakt

Dusan Boskovic

Contact Press / Media

Dr. rer. nat. Dusan Boskovic

Sprecher der Kernkompetenz

Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT
Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7
76327 Pfinztal

Telefon +49 721 4640-759

Fax +49 721 4640-111

Ronny Hanich-Spahn

Contact Press / Media

Dr. rer. nat. Ronny Hanich-Spahn

Sprecher der Kernkompetenz

Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT
Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7
76327 Pfinztal

Telefon +49 721 4640-586