Kernkompetenz »Explosivstofftechnik und Sicherheit«

Auf Basis jahrzehntelanger Erfahrung deckt das Fraunhofer ICT als einziges deutsches Forschungsinstitut die gesamte Entwicklungskette vom Rohprodukt bis zum Systemprototyp bei der Entwicklung von Treib- und Explosivstoffen ab. Das Institut unterstützt sowohl das Verteidigungsministerium als auch die Industrie und öffentliche Einrichtungen bei der Bearbeitung aktueller Fragestellungen in den Themenfeldern innere und äußere Sicherheit.

Sprühtrocknungsanlage
© Fraunhofer ICT
Sprühtrocknungsanlage

Vom Rohprodukt bis zum Prototyp

Das Fraunhofer ICT betreibt Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet neuer chemischer Energieträger und Wirksysteme für die Bundeswehr und trägt damit zur Sicherung der Analyse- und Bewertungsfähigkeit des Bundesministeriums der Verteidigung BMVg bei. Im Zentrum der Forschungsarbeiten stehen die Auslegung, Entwicklung, Herstellung und Charakterisierung von neuen Materialien und Komponenten für Raketentreibstoffe, Rohrwaffentreibmittel, Sprengstoffe, Pyrotechnik sowie Zünd- und Anzündsysteme. Ergänzt wird das Portfolio durch Sicherheits- und Schutzsysteme auf Basis von Gasgeneratoren, Täuschkörpern, Brandschutzbeschichtungen sowie Filtermaterialien für Schutzanwendungen.

Bei der Entwicklung von Treib- und Explosivstoffsystemen werden deren Leistungseigenschaften auf die jeweiligen Einsatzbedarfe und individuellen Zielsetzungen abgestimmt und optimiert. Hierzu werden neue energetische Materialien in den Laboren des Fraunhofer ICT synthetisiert und modifiziert, geeignete Verfahrenstechniken entwickelt und die energetischen Produkte in den Technika des Instituts formuliert und hergestellt. Neben dem Erzielen anwendungsspezifischer Leistungseigenschaften von Treib- und Explosivstoffsystemen sind deren Unempfindlichkeit und Stabilität weitere wichtige Aspekte der Forschungsund Entwicklungsaufgaben, ebenso wie die zunehmenden Anforderungen nach ressourcenschonenden, umweltfreundlichen und gesundheitlich unbedenklichen Technologien und Produkten. In der Innenballistik und Detonik werden das Abbrand- und Umsetzungsverhalten, die Empfindlichkeit und die Leistungsdaten der Produkte im Labor, im Sprengbunker oder auf dem Freigelände bis in den Kilogrammmaßstab charakterisiert und evaluiert. Zudem steht moderne Simulationssoftware zur Verfügung, mit deren Hilfe die Leistung und Sicherheit neuer energetischer Materialien von der molekularen Ebene bis ins System hinein analysiert und bewertet werden kann.

Aktuelle Forschungsthemen sind u.a. leistungsgesteigerte, umweltverträgliche und signaturarme Raketenfesttreibstoffe für wehrtechnische und zivile Anwendungen, unempfindliche Hochleistungs-Sprengstoffe und -Treibladungen oder Geltreibstoffe, die geregelte Schubphasen von Raketen ermöglichen. Aber auch hochpräzise Messtechniken für die Charakterisierung von Raketenabgasstrahlen und pyrotechnischen Scheinzielen, neue Formgebungstechniken wie moderne Kristallisations- und Beschichtungsverfahren sowie die additive Fertigung von energetischen Materialien zur Realisierung von Materialgradienten und komplexen Geometrien sind Gegenstand aktueller FuE-Arbeiten.

Im Rahmen der nationalen und europäischen Sicherheitsforschung beschäftigt sich das Fraunhofer ICT mit der Entwicklung neuartiger Sensor- und Messkonzepte für die Fern- und Spurendetektion von Explosivstoffen, einschließlich sogenannter Home-Made Explosives (HME) und Improvised Explosive Devices (IED). Im Auftrag der Bundespolizei betreiben wir zudem ein Testcenter für Explosivstoffdetektionssysteme im Bereich der Luftsicherheit.

Kupferzylindertest | Photon-Doppler-Velocimetry (PDV) zur Bestimmung der Expansionsarbeit
© Fraunhofer ICT
Kupferzylindertest | Photon-Doppler-Velocimetry (PDV) zur Bestimmung der Expansionsarbeit

Verbünde und Allianzen

Im Bereich der Explosivstofftechnik und Sicherheitsforschung ist das Fraunhofer ICT Mitglied des Fraunhofer-Leistungsbereichs Verteidigung, Vorsorge und Sicherheit VVS, in dem sich elf Institute zusammengeschlossen haben, um ihre Kompetenzen zu bündeln und Forschungsaktivitäten im Bereich »Verteidigung und Sicherheit« zu koordinieren und umzusetzen. Das Fraunhofer ICT ist außerdem Mitglied der Fraunhofer-Allianz Space, einem Zusammenschluss von 17 Fraunhofer-Instituten, die im Bereich Raumfahrttechnologie angewandte Forschung betreiben.

Zudem ist das Institut mit seiner Explosivstoffkompetenz in zahlreiche nationale und internationale Projektvorhaben (BMVg, EDA, NATO, EU, BMBF, BMI, BMWi) aktiv eingebunden. Hinzu kommen Kooperationen im Rahmen bilateraler Forschungsabkommen des BMVg. Im Auftrag der Bundespolizei bringt das Institut als Testcenter für Explosivstoffdetektionssysteme sein Know-how in die internationalen Gremien zur Verbesserung der Luftsicherheit ein.

 

Forschung und Technologie

Wir bieten Forschung und Entwicklung in allen Bereichen der Explosivstofftechnik für das Verteidigungsministerium und andere öffentliche Einrichtungen, die verteidigungsbezogene und sicherheitstechnische Industrie sowie die Bereiche Automobil, Luft- und Raumfahrt. Ein Schwerpunkt unseres FuE-Angebotes liegt in der Entwicklung, Auslegung und Evaluierung von energetischen Produkten und Systemen auf Basis der langjährigen Kompetenzen unserer Mitarbeiter*innen sowie unserer speziellen Ausstattung und Infrastruktur. Wir entwickeln Demonstratoren, Prototypen und Kleinserien von neuen Treib- und Explosivstoffen sowie maßgeschneiderte Synthese- und Verfahrenstechniken hierfür. Unterstützt werden die experimentellen Arbeiten durch thermodynamische Berechnungen sowie quantenmechanische und molekulardynamische Simulationen.

Am Fraunhofer ICT genutzte, beziehungsweise entwickelte softwaregestützte Analyse- und Auslegungswerkzeuge ermöglichen das Screening neuer Treib- und Explosivstoffrezepturen, unter anderem anhand ihrer Leistung, Sicherheit, Erosivität oder Umweltverträglichkeit. Bei Rohrwaffentreibmitteln bzw. der Ballistik umfasst dies auch die Berücksichtigung von Systemaspekten von Waffe und Munition. Wir sind zudem in der Lage, sämtliche Entwicklungsschritte pyrotechnischer Sicherheitssysteme (zum Beispiel Airbags) anwendungs- und kundenspezifisch zu begleiten und zu bewerten.

In unserem Testzentrum für Explosivstoffdetektionssysteme bieten wir Herstellern von Flughafenscannern und Detektionsgeräten Tests mit realen Explosivstoffen und Referenzsubstanzen zur Bewertung und Optimierung ihrer Systeme an. Darüber hinaus werden solche Detektionssysteme in Kooperation mit der Bundespolizei für die Zulassung an europäischen Flughäfen getestet.

Ausstattung

Technika und Prüfstände

  • Chemische Technika und Syntheselabore für Explosivstoffe
  • Technika zur Herstellung und Modifikation von Explosivstoffprodukten
  • Sicherheitsboxen und Versuchsgelände für Explosions- und Sicherheitsuntersuchungen
  • Testcenter Explosivstoffdetektion
  • Sprengbunker (bis 2 kg TNT)
  • Sprengkessel (bis 100 g TNT)
  • Prüfstände für Rohrwaffen bis Kaliber 20 mm
  • Gasdruckmesssysteme für 5,56 mm bis 12,7 mm und 20 mm
  • 100 m Schießkanal
  • Abbrandprüfstand für Raketenmotoren und Täuschkörper
  • Strömungsprüfstand zur Untersuchung pyrotechnischer Systeme

Apparative Ausstattung

  • Pilotanlagen zur Herstellung von Explosivstoffpartikeln
  • Mikroverfahrenstechnische Versuchsstände und Syntheseanlagen
  • Wirbelschicht-Coater
  • Anlage zur Sprühkristallisation
  • Hochdruckanlage zum isostatischen Pressen
  • spezielle Kneter, Mischer, Granulierer und Pressen mit Ex-Schutz

Softwaretools

  • Thermocodes für TLP, RFTS, SS, Pyrotechnik, zum Beispiel ICT-Thermodynamik-Code, EKVI-Code, Cheetah 2.0., EXPLO5
  • ICT-Thermodynamik-Datenbank mit über 14.000 Substanzen
  • CFD-Codes, zum Beispiel SPEED, Ansys Fluent, Ansys Autodyn, Ansys-Mechanical, ...
  • ICT-BAM zur spektroskopischen Temperaturbestimmung
  • Innenballistik-Codes zum Beispiel SimIB-0D, FNGun-1D, ballistisches Analyse und Auswertungstool BAA, Softwaretool Pulverabbrand, Softwaretool 3D-Formfunktion
  • quantenmechanische und molekulardynamische

Simulationstools

  • Analytische Ausstattung und Labore Rasterkraftmikroskop, Feldemissionselektronenmikroskop (FESEM) mit variablem Druck sowie energiedispersiver Röntgen- und Nanoanalytik (EDX)
  • Mikro- und Nanocomputertomograph
  • thermoanalytisches Labor, Mikro- und Reaktionskalorimeter,
  • Alterungsprüfstände
  • Labore für mechanische Prüfung und Rheologie
  • Ballistische und optische Vorrichtungen zur Ermittlung von Abbrandgeschwindigkeit und Flammentemperatur
  • Labor für Röntgendiffraktometrie
  • Labore für chromatographische und spektroskopische
  • Analysetechniken (u. a. mit IR- und RAMAN-Mikroskop)
  • On-line-Spektroskopie (UV/VIS/NIR/RAMAN)
  • High-Speed-Kamera- und Spektrometersysteme, Hyperspektralkameras
  • Ballistische Bomben für alle TLP-Arten inkl. Auswertesoftware
  • Optische und Crawford Bombe für Raketenfesttreibstoffe
  • Blast-Messtechnik, QSP und Temperatur für Bunker, Sprengkessel
  • Manganin-Stoßdrucksonden bis 400 kbar
  • 4 Kanal Photonic Doppler Velocimeter zur transienten Geschwindigkeitsmessung bis 5 km/s
  • Detonationsgeschwindigkeitsmessung
  • Verschiedene sicherheitstechnische Testaufbauten, zum Beispiel Koenen-Test, 21 mm und 50 mm Gap-Test