Entwicklung Treib- und Explosivstoffe Wir beschäftigen uns mit allen Aspekten der Entwicklung, Herstellung und Anwendung von Treib- und Explosivstoffen. Die Komplexität der Explosivstofftechnik beherrschen wir somit entlang der gesamten Kompetenzkette. Diese umfasst das Moleküldesign, die chemische Synthese, Verarbeitung, Formgebung und analytische Charakterisierung von energiereichen Materialien und daraus hergestellter Formulierungen für Raketentreibstoffe, Rohrwaffentreibmittel und Sprengstoffe, die wir in Form von Prototypen, Kleinserien und Demonstratoren entwickeln und evaluieren. Entsprechend der Gründungsmotivation von 1959 als Institut für Treib- und Explosivstoffe ist diese Kompetenz primär wehrtechnisch orientiert und dient dem Erhalt der Analyse- und Bewertungsfähigkeit der Bundeswehr. Diese Beratungskompetenz wird durch die Grundfinanzierung des Bundesministeriums der Verteidigung BMVg gesichert. Synthese-, Verarbeitungs- und Fertigungsverfahren Moderne Treib- und Explosivstoffformulierungen sind hochgefüllte Kunststoffe. Abbrandverhalten, Detonationsverhalten, Empfindlichkeit und mechanische Eigenschaften sind stark von den Partikel- und Kristalleigenschaften der Füllstoffe abhängig. Die optimale Gestaltung der Füllstoffe (Explosivstoffe und Additive) ist daher für die späteren Produkteigenschaften essenziell. Hierfür werden bei uns Zerkleinerungs-, Kristallisations-, Prilling- sowie Coatingverfahren entwickelt und erprobt. Neue Substanzen müssen im kg-Maßstab verfügbar sein, um ihre Leistungseigenschaften in Formulierungen testen zu können. Unsere Reaktionstechnik bildet deshalb die Brücke von der Laborsynthese zu robusten, aufskalierbaren Herstellungstechniken, um für die weiteren Schritte – auch für industrielle Entwicklungen – ausreichend Probenmaterial zur Verfügung zu stellen. Für die verschiedenen Produktgruppen der Rohrwaffentreibmittel, Raketentreibstoffe, Gasgeneratoren, Sprengstoffe und Pyrotechnik werden spezielle, auf die jeweiligen Explosivstoffe abgestimmte Verarbeitungstechniken eingesetzt und entwickelt. Dies sind insbesondere Verfahren zum Mischen und Homogenisieren, Pressen, Extrudieren, Spritzgießen oder Schäumen. Leistungsbestimmung und Charakterisierung Die chemische Synthese neuer Explosivstoffe, deren Eigenschaften noch nicht oder nur unzureichend bekannt sind, ist herausfordernd und benötigt spezielle Methoden zur Leistungsbestimmung und Charakterisierung. Zu unseren grundlegenden Methoden gehören die Bestimmung der Reibund Schlagempfindlichkeit, des thermischen Verhaltens, der Stabilität, der Kompatibilität, der Reinheit, der Kristallstruktur, des mechanischen Verhaltens sowie die Ermittlung weiterer chemischer und physikalischer Kenngrößen. Eine Besonderheit ist die thermodynamische Leistungsberechnung mit unserem eigenen ICT-Code. Für die Charakterisierung des Abbrand-, Deflagrations- und Detonationsverhaltens von Treib- und Explosivstoffen verfügen wir über die erforderliche sichere Infrastruktur sowie umfangreiche Messtechnik, die am Institut z.T. selbst entwickelt wird. Modellierung und Simulation Die experimentellen Arbeiten begleiten wir durch Modellbildungen und Simulationsrechnungen, zum Beispiel mittels quantenmechanischer und molekulardynamischer Simulationen, der Modellierung des Abbrandverhaltens durch kinetische Modelle sowie Stabilitäts-, Alterungs- und Leistungsprognosen. Stabilität und Alterungsverhalten Wir verfügen über umfangreiche Erfahrungen und experimentelle Methoden zur Bestimmung kinetischer Parameter von energetischen Materialien. Dies erlaubt uns Aussagen zur thermischen und mechanischen Stabilität, zum Alterungsverhalten einschließlich Langzeitprognosen sowie zur Kompatibilität in Formulierungen. Wir beherrschen den Umgang mit energetischen Materialien aller Art, auch hochempfindlicher Stoffe wie Nitroglycerin oder TATP. Detektion von Explosivstoffen Das Wissen um die Herstellung und die Eigenschaften von Explosivstoffen befähigt uns in besonderem Maße dazu, uns im Rahmen der nationalen und europäischen Sicherheitsforschung intensiv zu engagieren. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit bildet die Fern- und Spurendetektion von Explosivstoffen, einschließlich sogenannter »Home-Made Explosives (HME)« und »Improvised Explosive Devices (IED)«. Die Eigenschaften von HME und IED werden bei uns bestimmt und deren Detektionsmöglichkeiten erforscht. Da wir terroristische Explosivstoffe sicher beurteilen und für Prüfzwecke bereitstellen können, fungieren wir im Auftrag der Bundespolizei als Testzentrum für Detektionsgeräte im Bereich der Flugsicherheit und unterstützen die Bundespolizei bei Sicherheitsfragen im Umgang mit HME. In unserem Testzentrum bieten wir Herstellern von Flughafenscannern und Detektionsgeräten Tests mit realen Explosivstoffen und Referenzsubstanzen zur Bewertung und Optimierung ihrer Systeme an. Darüber hinaus werden solche Detektionssysteme in Kooperation mit der Bundes- polizei für die Zulassung an europäischen Flughäfen getestet. Weiterhin bringen wir unsere Explosivstoffkompetenz in aktuellen Fragestellungen der technischen Sicherheit ein, zum Beispiel für Wasserstoffsicherheit, Explosionsschutz, Brandschutz und die Beherrschung von thermischen »Runaway-Reaktionen« bei chemischen Syntheseprozessen und Energiespeichern. |