Eine Fachjury aus Ingenieuren, Wissenschaftlern und Fachjournalisten bewertet die Einreichungen in den drei Kategorien anhand von Kriterien wie Innovationshöhe, Realisierungsgrad und Nachhaltigkeit In der Kategorie „Forschung und Wissenschaft“ wurde das Fraunhofer ICT mit dem 1. Platz ausgezeichnet für die „Verarbeitung kreislauffähiger Monomaterial-Sandwichstrukturen in großserienfähigen Prozessen“.
Ihre im Leichtbau vorteilhafte Mechanik zeigen konventionelle FVK vor allem während der Nutzungsphase, jedoch ist eine Wiederverwendung in gleicher Anwendung aufgrund der strukturbedingten Faserkürzung bzw. des verwendeten Matrixmaterials nur bedingt oder gar nicht möglich. Der ausgezeichnete Forschungsansatz setzt an der Lösung dieses Problems an und ebnet den Weg zur Kreislaufführung in eine gleichwertige Anwendung. Hierfür wurde der im Leichtbau weitverbreitete Multi-Material-Design-Ansatz neu gedacht und in einen Multi-Morphologie-Ansatz unter Verwendung von nur einem Material angepasst. Marktverfügbare, selbstverstärkte Materialien und Schäume wurden optimiert, sowie neue großserienfähige Füge-, Umform- und Funktionalisierungsprozesse entwickelt. Ein tiefes Verständnis der Wirkmechanismen im Material wie z. B. die Kristallisationskinetik, Zellmorphologie und der Schmelzviskosität bildet die Grundlage dieses Ansatzes. Die erarbeitete Prozesskette vom Halbzeug hin zu komplexen Bauteilen wurde anschließend anhand einer automobilen Sitzstruktur validiert. Selbstverstärkte Organobleche sind seit mehreren Jahren auf dem Markt, haben jedoch aufgrund von Steifigkeitsdefiziten eingeschränkte Einsatzgebiete. Durch die klebstofffreie Kombination mit thermo-plastischen Schäumen, welche auf einem identischen Grundpolymer basieren, können gewichtsspezifische Biegesteifigkeiten wie bei konventionellen FVK erreicht werden. Die Temperatur-führung über die Prozesskette ist entscheidend, um eine Relaxation der Verstärkungsfasern zu vermeiden und hierdurch die mechanische Performance aufrecht zu erhalten. Die im Multi-Morphologie-Ansatz gefertigten Bauteile bestehen aus nur einem thermoplastischen Kunststoff – eine vollständige Kreislaufführung wird hier-durch ermöglicht. Der Ansatz wurde für rezyklatbasiertes PET und biobasiertes PLA realisiert, sodass die Notwendigkeit zur Neuproduktion petrobasierter Kunststoffe reduziert werden kann.
Die Entwicklung konnte durch eine enge Zusammenarbeit mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette vom Technikum in die Industrie überführt werden, mögliche Anwendungen liegen hier in der Sport- und Freizeitbranchen sowie semi-strukturellen Bauteilen der Mobilitätsbranche. Der durch die Innovation ausgeschöpfte maximale Leichtbau aus nur einem Material, ermöglicht neben der Wiederverwendung bestehender Materialien auch einen Beitrag zum Klimaschutz durch die Reduzierung der Treibhausgase in der Mobilitätsbranche und der Vermeidung von weiteren Kunststoffabfällen. Zukünftige Schwerpunkte der angestrebten Entwicklungen am Fraunhofer ICT liegen in der Optimierung der Verarbeitungsprozesse, als auch der Generierung eines tiefergehenden Verständnisses über die Prozess-Struktur-Eigenschaftsbeziehungen der Materialien.