Nicht-Letale Wirkmittel (NLW) sollen die Eskalation von gewalttätigen Auseinandersetzungen verhindern oder eindämmen

Pressemeldung /

Vierte Europäische Konferenz des Fraunhofer ICT / Wissenschaftler diskutieren nicht nur neue technische Fähigkeiten

Pfinztal. Weltweit sind internationale Organisationen und Verbände im Einsatz, um Konflikte zwischen ethnischen Gruppen, totalitären Regimes und der Bevölkerung zu verhindern, einzudämmen oder zu beenden. Die Einsatzgebiete dieser internationalen Truppen, wie die der Uno-Blauhelmsoldaten, reichen von der Provinz Darfur im Sudan, über Somalia bis hin zum Westjordanland, um die Gewalt zu stoppen. Lokale Konflikte mit heftiger Intensität beherrschen hier das Bild. Ein Eingreifen seitens der Vereinten Nationen oder europäischer Ordnungskräfte ist bisher zwischen den beiden Extremen angesiedelt: entweder waffenlos beobachten oder durch Androhung von Gewalt und nötigenfalls sogar mit einem Waffeneinsatz zu versuchen, den Konflikt einzudämmen.

Eine falsche Entscheidung kann dramatische Konsequenzen zur Folge haben, vor allem durch Opfer unter der Zivilbevölkerung oder unbeteiligten Gruppen. Auch im Bereich der inneren Sicherheit, etwa bei gewalttätigen Hooligans, eskalierenden Straßenschlachten und Plünderungen oder nach einem vorübergehenden Zusammenbruch der Ordnungsmaßnahmen, ist der Einsatz von scharfen Waffen ungeheuer problematisch und Wegschauen keine Alternative.

Eine situationsangemessene Alternative zwischen »nicht eingreifen« und dem Einsatz von letalen Waffen sind die sogenannten NLW (englisch Non-lethal weapons), also nicht-tödliche Wirkmittel. Schon lange sind dabei Wasserwerfer, Gummiknüppel, Gummigeschosse oder Tränengas im Einsatz; auch ein Zurückdrängen von aufgebrachten und möglicherweise von Rädelsführern zusätzlich aufgeheizten Menschengruppen mittels Sperrketten, Netzen, Schutzschildern und Absperrungen gehören zur Einsatztaktik der Sicherungsgruppen. Bekannt ist aber auch, dass in ungünstigen Fällen selbst diese Mittel fatale Folgen haben können. Als nicht-letal bezeichnet man nach einer international üblichen Definition solche Systeme, die mit dem Ziel konstruiert werden, nicht tödlich zu wirken oder zu zerstören.

Unter dem Kürzel NLW forschen und entwickeln Wissenschaftler in Europa und vor allem in den USA, um mit modernster Technik in den verschiedenen technologischen Bereichen neue Wirkmittel zu konzipieren, die einen akuten Konflikt eindämmen können, ohne bleibende Schäden bei den betroffenen Parteien zur Folge zu haben. Ziel ist es, eine bedrohliche Situation beenden zu können und dennoch danach Raum für Verhandlungen zu lassen.

Die europäische Arbeitsgruppe für NLW (EWG-NLW), die von Mitgliedern aus Österreich, Tschechien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Russland, Schweden, Großbritannien und Deutschland getragen wird, hat sich die Förderung der Entwicklung und der Diskussion der Einsatzmöglichkeiten von nicht-tödlichen Wirkmitteln zum Ziel gesetzt. Fachleute aus diesen und weiteren Ländern treffen sich vom 21. bis 23. Mai 2007 zum vierten Mal auf Einladung des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT, Pfinztal, zu einer europäischen wissenschaftlichen Konferenz in Ettlingen bei Karlsruhe, um die Fähigkeiten und Fortschritte auf diesem Gebiet vor dem Hintergrund wachsender neuer Bedrohungen vorzustellen und zu diskutieren. Die Beiträge befassen sich im Wesentlichen mit Themen, wie neuen Technologien, operationellen und taktischen Aspekten, den Wirkungen im Ziel und deren Bewertung sowie medizinischen und rechtlichen Fragen.

Sehr beeindruckend ist bei diesem einzigartigen Symposium in Europa die Vielfalt der Länder, aus denen die hochqualifizierten Redner kommen; insgesamt sind es fünfzehn Länder, die das Symposium mit Beiträgen beschicken. Es sind nahezu alle Nationen vertreten, die auch die Einsatzkräfte für die Vereinten Nationen bereitstellen. Auch die Zuhörerschaft wird wie letztes Mal international sein. Erwartet werden Teilnehmer aus mehr als zwanzig Ländern. Das Symposium steht dieses Mal unter dem Motto »Non-Lethal Weapons: Fullfilling the Promise?« und lässt somit spannende Diskussionen erwarten.