Veranstaltung
Technologietag Leichtbau der Leichtbau-Allianz Baden-Württemberg am Fraunhofer ICT in Pfinztal
Die Leichtbau-Allianz Baden-Württemberg veranstaltete ihren diesjährigen Technologietag Leichtbau am 5. November am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal bei Karlsruhe.
Als eine »Querschnittstechnologie« bezeichnete Prof. Dr.-Ing. Markus Milwich, Repräsentant der Leichtbau-Allianz BW, in seiner Begrüßung den Leichtbau. Diesen Begriff bestätigte die breite Fächerung der Branchen, aus denen gut 100 Industrievertreterinnen und -vertreter am Technologietag Leichtbau teilnahmen. Auf sie warteten 27 Vorträge aus Forschung und Industrie, sechs davon im Rahmen eines »Doktorandenslams« am Nachmittag, eine einstündige Tech-Tour mit Einblicken in die industrielle Forschungsumgebung des Fraunhofer ICT sowie viele Möglichkeiten zum Austausch und Netzwerken – beispielsweise an den Ständen im Foyer vor dem Veranstaltungssaal: Unter anderem BBG, BIONTEC, bwcon, DITF, Innotech, EcoVity, IntWertL, das KIT, L&L Products Europe, Langzauner und TRUMPF Laser- und Systemtechnik zeigten Ausschnitte ihres Engagements im Bereich Leichtbau.
Dr. Hans J. Reiter, Ministerialdirektor und Amtschef im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, sprach ein Grußwort per Videobotschaft. Er betonte die Wichtigkeit des Leichtbaus für eine branchenübergreifende, konkurrenzfähige Wirtschaft und den politischen Willen, dies nach Kräften zu unterstützen. Die aktuellen Umbrüche und enormen Herausforderungen in allen Lebenslagen zeige sich in vielen Branchen und Gesellschaftsbereichen.
Leichtbau sei nicht allein ein zentrales Konzept, um ressourceneffizient, energiesparend und damit klimaschonend zu produzieren. Vielmehr könne die Ressourceneffizienz auch dazu beitragen, internationale Abhängigkeiten zu verringern und die Autarkie der deutschen und europäischen Unternehmen zu stärken. Die enge Verzahnung und Zusammenarbeit von wissenschaftlicher Forschung und Unternehmen lobte Reiter hierbei als »Erfolgsrezept für Baden-Württemberg«.
Als Leiter des gastgebenden Fraunhofer ICT gab Prof. Dr.-Ing. Frank Henning einen kurzen Überblick über die breit aufgestellte Leichtbauforschung am eigenen Institut. Gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie KIT, wo Henning als Professor für Leichtbautechnologie lehrt, hat das Fraunhofer ICT den M3-Ansatz: Der Dreiklang aus Materialien, Methoden und Herstellungsverfahren (materials, methods and manufacturing) auf Produktseite arbeitet dem ökonomischen Dreieck mit den Eckpunkten Zeit, Kosten und Qualität zu und bezieht die ökologischen und gesellschaftlichen Aspekte ein.
Als Ergebnisse nannte Henning exemplarisch die von der Fraunhofer Innovation Platform for Composites Research in Südkorea mitentwickelten faltbaren Displays, wie sie beispielsweise in Smartphones der jüngsten Generation zum Einsatz kommen. Auch der mit Preisen ausgezeichnete Monomaterial-Fahrradhelm aus PLA in unterschiedlichen Morphologien gehört dazu. Sein ökologischer Fußabdruck ist, wie Henning ausführte, nur ein Achtel bis ein Zehntel so groß wie der eines herkömmlichen Fahrradhelms.
Robin Pfeifer, Wissenschaftler am Fraunhofer ICT, stellte gemeinsam mit Stefan Haas (SIMUTENCE GmbH) und Raphael Peteroff (Fritz Automation GmbH) die 3D-Skelett-Wickeltechnik (3DSW) mit dem Fokus auf ihre Möglichkeiten in Verbindung mit 3D-Druck-Verfahren vor. Diese Kombination ermöglicht die kosten- und zeiteffiziente Produktion kleiner Stückzahlen. Möglich sind Optimierungen von Bauteilen beispielsweise auf kompromisslosen Leichtbau oder mit besonderem Blick auf ihre die Kreislauffähigkeit.
Dies belegte eindrucksvoll der Kunststoff-Nachbau eines modularen Greifrahmens mit Knotenelementen, die im 3DSW-Verfahren und im 3D-Druck gefertigt wurden. Vorbild war ein knapp 9,5 Kilogramm schwerer, aus konventionellen Alu-Profilen gefertigter Rahmen. Mithilfe der neuen Material- und Fertigungstechniken gelang es, dessen Gewicht um knapp 70 Prozent auf rund 2,9 Kilogramm zu reduzieren – bei gleichbleibender Bauteilperformance. Dieser Fortschritt erlaubt, beispielsweise beim Einsatz des Rahmens in Robotern kleinere, sparsamere Elektromotoren zu verwenden, überdies hat der neue Rahmen einen um 17 Prozent kleineren CO2-Fußabdruck.
Im Doktorandenslam vertraten Marcel Laux und Sascha Kilian das Fraunhofer ICT mit 10-minütigen Beiträgen: Laux sprach zur »Optimierung mesoporöser Haftschichten für direktgefügte Kunststoff-Metall-Hybridstrukturen im Montagespritzgießen«, Kilian über das »Schmelzfügen thermoplastischer Kernverbunde basierend auf einem Monomaterialansatz.«
Adrien Schmidt, der den Innotech-Stand im Foyer betreute, lobte die Möglichkeit für Unternehmen, sich in diesem Rahmen zu präsentieren, verbunden mit den interessanten Vorträgen: »Diese Einblicke in den aktuellen Stand der Technologie und Forschung helfen uns sehr, mit unseren Angeboten immer wieder Brücken in die Industrie zu schlagen.« Michael Utz (Schübel GmbH), der am Technologietag Leichtbau in der Doppelrolle als Standpersonal und Vortragender (»Vorstellung eines über die EcoVity-Plattform konzipierten Leichtbauteils: CargoBox«) teilnahm, pflichtete Schmidt bei: »Ich fühle mich hier sehr wohl; das ist eine gute – und gut gecaterte – Veranstaltung. Wir nutzen sie hauptsächlich für den Technologie- und Informationsaustausch. Besonders interessant sind Technologien, die noch nicht am Markt sind, und die wir in diesem Stadium in unsere eigenen Forschungsprojekte einfließen lassen können.« Utz empfand die Bandbreite der am Fraunhofer ICT vertretenen Branchen als besondere Stärke der Veranstaltung: »Man inspiriert sich immer wieder an Themen, die man für sich gar nicht so sehr im Fokus hatte, und entwickelt sie für seine Anwendungsfelder weiter. Dabei ergänzen die Teilnehmer des Technologietags Leichtbau einander prima!« Er werde der Veranstaltung nach Kräften treu bleiben, versprach er.
Nach den Vorträgen und vor dem abendlichen Get-Together gab es die Gelegenheit, auf einer ausführlichen Tech-Tour die Forschungseinrichtungen des Fraunhofer ICT zum Thema »Leichtbau« zu besichtigen, wovon die Teilnehmenden reichlich Gebrauch machten.