Sicherheitsforschung

Die Detektion und Charakterisierung von chemischen Kampf- und Explosivstoffen ist ein zentrales Thema der Sicherheitsforschung am Fraunhofer ICT. Weitere Forschungsgebiete sind der Brand- & Flammschutz, Gasgeneratoren und schnelle Rettungssysteme und die Beurteilung von Detektionssystemen wie Flughafenscanner im Testcenter Explosivstoffdetektionssysteme. Die Arbeiten sind in nationalen und internationalen Kooperationsprojekten eingebunden (EVADEX, EDEN, HECTOS, XP-DITE) und reichen bis hin zur Harmonisierung und Standardisierung von Detektionssystemen und Design und Auslegung von Sicherheits-Checkpoints für Flughäfen

Explosivstoffdetektion

Die terroristischen Anschläge der letzten Zeit waren fast ausschließlich Sprengstoffattentate. Die Motivation, Sprengstoffanschläge mit Hilfe von Präventionsmaßnahmen, z. B. durch die rechtzeitige Detektion von Explosivstoffen, zu verhindern, ist daher groß. Der Nachweis geringster Explosivstoffspuren sowohl in der Gasphase, als auch auf Oberflächen, bedingt äußerst empfindliche Nachweisverfahren. Um geringste Spuren in der Gasphase oder auf Oberflächen nachweisen zu können, werden Detektionssysteme auf der Basis von nanoporösen Materialien entwickelt, die beispielsweise Explosiv- oder Gefahrstoffen aus der Gasphase anreichern und Selektivität und Sensitivität von Detektionssysteme erhöhen.

Sensoren müssen schnell und spezifisch sein, viele Substanzen detektieren und dabei eine zuverlässige Identifikation der Bedrohung erlauben. Da bisher kein einzelner Sensor alle Explosivstoffe und Szenarien abdecken kann, müssen multiple Sensoren substanz- und szenarienabhängig eingesetzt werden. Die Auswahl der für die Szenarien geeigneten Detektionsmethoden und Sensoren bedingt zwangsläufig einen standardisierten Test, der als Ergebnis einen direkten Leistungsvergleich der verschiedenen Systeme erlaubt, unabhängig von der durchführenden Institution oder dem Durchführungsort. Wichtiger Parameter für ein solch standardisiertes Testszenario ist neben einer exakt umrissenen Testmethodologie und einem vorgegeben Auswertungs-/Bewertungssystem vor allem ein standardisiertes Testsortiment an realen Proben.

Die Nachweissysteme müssen im Hinblick auf Nachweisgrenzen, Anwendungsbreite, Fehlalarmquote und Einsatztauglichkeit evaluiert werden. Kernziel der Arbeiten des Fraunhofer ICT ist es, Evaluierungsmethoden für Detektionssysteme zu erarbeiten, die als Basis für zukünftige Zertifizierungsaktivitäten herangezogen werden können. Auch wenn sich die Leistungsfähigkeit der Detektionssysteme in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt hat, so fehlt es weiterhin an technischen Lösungen um versteckte Sprengsätze, zum Beispiel bei Selbstmordattentätern, frühzeitig aus größerer Entfernung zu erkennen. Erste Forschungsansätze sind vom praktischen Einsatz noch weit entfernt. Dementsprechend wird in diesem Segment weltweit fieberhaft geforscht. Aus dem streng reglementierten Bereich der Luftfahrtsicherheit sind für die diverse Detektionssystemtypen Szenarien gebundene und akzeptierte Testroutinen zur Evaluierung verfügbar. Für andere Szenarien z.B. im Kontrolleinsatz von Großereignissen existieren solche Testroutinen noch nicht.

EVADEX, Methoden zur standardisierbaren Evaluation von Messsystemen für Explosivstoffspuren

In den letzten Jahren wurde weltweit ein Anstieg an versuchten Sprengstoffanschlägen verzeichnet. Durch den Einsatz verbesserter Spurendetektionsverfahren können Explosionen verhindert und Menschenleben gerettet werden. Für die vorhandenen Detektionsverfahren existieren bislang keine allgemeingültigen Zertifizierungs- oder Standardisierungsverfahren. Im Projekt EVADEX wird eine Evaluierungsmethode für den direkten Vergleich von Spurendetektionssysteme nach festen Standards entwickelt. Da Spürhunde eine bewährte und für bestimmte Einsätze optimale Nachweismethode darstellen, wird zudem im Projekt erstmals ihr Riechvermögen grundlegend untersucht. Darauf aufbauend werden wissenschaftliche Einsatzleitlinien erarbeitet und die Projektergebnisse werden abschließend in eine DIN-Spezifikation überführt. Die neuen Leitlinien und Erkenntnisse zum Leistungs-spektrum sollen Einsatzkräfte in die Lage versetzen, getestete Detektionssysteme zielgenau auszuwählen. Das Projekt wird im Programm „Forschung für die zivile Sicherheit“ des BMBF gefördert. Die Projektpartner sind die Forschungs- und Erprobungsstelle der Bundespolizei in Lübeck, GeSiM mbH, Grosserkmannsdorf, DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin, die Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, das Centre for Security and Society, Freiburg und die IAS GmbH in Frankfurt.

EDEN – End-user driven Demo for CBRNe

Neben Sprengstoffanschlägen stellt auch der CBRN (veraltet ABC) Störfall oder Anschlag ein zunehmend wichtiges Sicherheitsszenario dar. Chemische Kampfstoffe oder toxische Industriechemikalien (toxic industrial chemicals, TICs) nebst der biologischen (B) und radionuklearen (R,N) Bedrohung bieten ein hohes Gefährdungspotenzial für Menschen, die damit in Kontakt kommen. Im Rahmen des EU-Projekts (FP-7) EDEN arbeiten mehr als 30 Partner aus 15 Ländern daran, die Zusammenarbeit in diesem Gebiet zu stärken und etwaige Fähigkeiten zu bündeln, zusammenzuführen und zu dokumentieren. Das Ziel ist hierbei der EDENstore, welcher einen EU-weiten Überblick über verschiedene Hilfsmittel (z. B. Software zur Ausbreitung von Gefahrstoffen, Detektionsgeräten und etwaige Krisenmanagement-Vorschriften) und Expertennetzwerke bietet. Das Projekt startete am 1. September 2013 und wird vermutlich 2016 abgeschlossen.

HECTOS, Harmonized Evaluation, Certification and Testing of Security Products

Systeme und Anlagen zur Gewährleistung der physischen Sicherheit unterscheiden sich heutzutage stark hinsichtlich Technologien, Betriebsszenarien, Anwendungsbereichen und ihrer Leistungsfähigkeit. Ähnliche Produkte sind oftmals bezüglich Leistungsfähigkeit, Genauigkeit, Bedienung, Verlässlichkeit und Funktionalität nur schwer zu vergleichen. Derzeit gibt es nur wenige Zertifizierungsverfahren, die in verschiedenen EU-Staaten in gleicher Weise anerkannt werden. Die Folge ist eine Fragmentierung des europäischen Markts, die mit negativen Auswirkungen sowohl auf Hersteller- als auch auf Anwenderseite einhergeht.

HECTOS untersucht ob und inwieweit bereits bestehende Bewertungs- und Zertifizierungsverfahren aus anderen Bereichen genutzt und weiterentwickelt werden können, um einen allgemeinen Ansatz zur Bewertung und Zertifizierung von Produkten, die der physischen Sicherheit von Bevölkerung und Infrastrukturen dienen, zu etablieren. Der Fokus liegt unter anderem auf einer unabhängigen Bewertung der Leistungsfähigkeit auf wissenschaftlich fundierter und statistisch verlässlicher Basis. Der gefundene allgemeine Ansatz wird experimentell mit Hilfe von zwei Fallstudien auf seine Praxistauglichkeit untersucht werden. Dabei beschäftigt man sich mit Waffen- und Sprengstofferkennungssystemen sowie mit Systemen zur biometrischen Erkennung.

Das Projekt wird im 7. Rahmenprogramm der EU gefördert (Call: FP7-SEC-2013-1: SEC-2013.5.4-1: Evaluation and certification schemes for security products – Capability Project). Die Laufzeit beträgt drei Jahre und endet am 31.08.2017. Beteiligte Projektpartner sind: FOI (Schweden, Projektleitung), Fraunhofer IGD und DIN (Deutschland), Morpho (Frankreich), Iconal, Universität von Warwick, NPL (alle Vereinigtes Königreich) und TNO (Niederlande).

XP-DITE, Accelerated Checkpoint Design Integration Test and Evaluation

Das Projektziel von XP-DITE liegt in der Entwicklung, Demonstration und Validierung eines umfassenden passagierfokussierten Ansatzes zur Darstellung und Validierung neuer integrierter Sicherheits-Checkpoints (CPs) an Flughäfen. Der Ansatz umfasst eine Vielzahl von verschiedenen Anforderungen, die in direkter Beziehung zu der Sicherheit, dem operativen Flughafengeschäft und soziologischen Aspekten stehen. Darüber hinaus wird ein ethisches Bezugssystem definiert, welches die Designer und Operator in die Lage versetzt proaktiv neue ethische Maßnahmen/Faktoren in Checkpoints einzubringen. Das Konsortium wird Anforderungskriterien identifizieren und entwickeln, die den Checkpoint auf der integrierten Systemebene beschreibbar und quantifizierbar machen. Ein Schlüsselwerkzeug stellt die Entwicklung eines Designtools dar, welches sowohl die Auslegung neuer innovativer Checkpoints als auch die Modifikation von bestehenden Checkpoints erlaubt, z. B. gemäß geändertem Anforderungsprofil aufgrund neuer Bedrohungsstoffe. Die große Herausforderung liegt in der Entwicklung eines validierten Sets von Protokollen und Werkzeugen zur Erfassung der Leistung eines Checkpoints als Gesamtsystem gegenüber der heutigen Leistungsfeststellung der Einzelkomponenten. Das Projektziel wird im Rahmen von zwei integrierten Checkpoints an zwei unterschiedlichen europäischen Flughäfen demonstriert. Der Projektansatz konzentriert sich zunächst auf die Luftsicherheit, kann aber auf den Massentransport oder andere Bereiche ausgedehnt werden.

Laufzeit beträgt knapp fünf Jahre und endet im März 2017. Projektpartner vom Fraunhofer ICT sind: TNO (NL, Coordinator), Fraunhofer EMI (GE), FOI (SW), CASRA (CH), Amsterdam Airport Schiphol (NL), Shannon Airport (IRL), Morpho (FR), Smiths Detection (GE), Avsec (FR), Iconal (UK), Cascade Technologies (UK), und die University Freiburg (GE).